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Gühring produziert Mikrowerkzeuge. Das Besondere daran? Konstruktion, Fertigung und Versuchsfeld laufen in einem Werk zusammen. Der Vorteil? Die filigranen Werkzeuge müssen nicht in den „Werkzeugtourismus“. Außerdem kann, dank der immer gleichbleibenden Temperatur in der Produktionshalle, sehr exakt gearbeitet werden.

2019 hat Gühring das Werk Treuen IV eröffnet – und geht damit einen ungewöhnlichen Weg. Denn auf 4000 Quadratmetern wird hier die Fertigung eines kompletten Produktbereichs abgebildet: Bohrer, Fräser und Reibahlen für die Mikrozerspanung.

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Etwa 2 Millionen Mikrowerkzeuge verlassen jedes Jahr die Produktionsstätte Treuen IV. Von dort aus werden sie an unsere Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen verschickt: Luftfahrt, Feinmechanik, Schmuckindustrie, Elektrotechnik und Werkzeugbau. Auch in der Medizintechnik sind Mikrowerkzeuge gefragt. Der VHM-Tauchfräser RF 100 Mikrodiver bringt zum Beispiel winzige Kavitäten in eine Knochenplatte ein. So kann das Werkstück später über Knochenschrauben mit dem Körper verschraubt werden.

Alle Kompetenzen unter einem Dach

Seit mehr als 15 Jahren stellt Gühring Mikrowerkzeuge her. Doch gerade in den vergangenen Jahren nimmt die Mikrozerspanung einen immer größeren Stellenwert innerhalb der Metallbearbeitung ein. Bauteile werden in vielen Branchen immer kleiner, die Ansprüche an die Bauteilqualität steigen. „Der Bereich ist stetig gewachsen und wir haben überlegt, wie wir dieses Wachstum abfangen können“, erinnert sich Murat Mutlu. Er leitet das Werk in Chemnitz, wo die Mikrowerkzeuge zuvor hergestellt wurden. Allerdings nicht komplett, denn für verschiedene Arbeitsschritte reisten die Werkzeuge zwischen unterschiedlichen Gühring-Werken umher. Das sollte sich mit dem neuen Kompetenzzentrum ändern: „Diese filigranen Werkzeuge dürfen nicht in den Werkzeugtourismus. Sie brauchen einen Standort, wo sie von Anfang bis Ende verwaltet werden“, so Murat Mutlu, der am Aufbau von Treuen IV maßgeblich beteiligt war.

Das neue Kompetenzzentrum bündelt alle Schritte zur Herstellung von Mikrowerkzeugen: Entwicklung, Erprobung, Konstruktion und Fertigung. Gleichzeitig stimmen Experten Hartmetall, Geometrie und Beschichtung haarscharf aufeinander ab. Ein Versuchsfeld mit leistungsstarken Komplettbearbeitungszentren sorgen für eine präzise Auswertung der Zerspanversuche. Eine derartige Sonderstellung innerhalb der Herstellungskette ist einzigartig und ermöglicht es, schnell und flexibel zu agieren.

Ein Mitarbeiter an der Schleifmaschine

Hartmetall made in Germany

Der kleinste Bohrer, den Gühring am Standort Treuen herstellt, hat einen Durchmesser von 0,1 mm. Damit ist er zehnmal dünner als die Miene eines Kugelschreibers. Die Werkzeuge erreichen Treuen IV als Hartmetallrohlinge. Diese Rohlinge sind etwa so groß wie der kleine Finger einer menschlichen Hand und verfügen bereits über eine Schaftfase und in manchen Fällen sogar über Kühlkanäle.

Die Rohlinge für Mikrowerkzeuge auf einer Palette

Angereist sind die Hartmetallrohlinge aus Berlin, wo Gühring sein eigenes Hartmetall produziert. Gerade bei der Herstellung von Mikrowerkzeugen hat das einen klaren Vorteil: Schon bei der Produktion des Hartmetalls werden Korngröße und Binder an die Anforderungen der Kleinstbearbeitung angepasst. So definiert die Zusammensetzung des Schneidstoffs den optimalen Schnittpunkt zwischen Härte und Zähigkeit neu. Untersuchungen zeigen, dass bereits die Auswahl der passenden Hartmetallzusammensetzung die erzielbaren Standwege um ein Vielfaches gegenüber den Hartmetallen für die Makrozerspanung verlängert.

Vom Rohling zum Werkzeug

Aufgereiht auf einer Laderkassetten, gelangen die Hartmetall-Rohlinge in die Produktion. Hier herrscht das ganze Jahr über die exakt gleiche Temperatur ­– und das ist entscheidend, wie Werksleiter Malte Düwel verrät: „Je kleiner die Werkzeuge, desto kleiner sind die Toleranzen, in denen gefertigt werden muss. Eine voll klimatisierte Halle ist dafür die Grundvoraussetzung.“ Er erklärt, dass ansonsten bei jedem kalten Luftzug, der durch die Produktionshalle weht, die Maßhaltigkeit der Schleifmaschinen schwanken würde. „Und wenn diese Maschine gerade ein Mikrowerkzeug bearbeitet, sind die Auswirkungen solcher Schwankungen extrem.“

Die Maschinenhalle im Kompetenzzentrum für Mikrozerspanung
Ein Roboter befördert die Rohlinge in die Bearbeitungsmaschinen.

Entlang eines langen Korridors stehen Präzisionsmaschinen, die Gühring im eigenen Maschinenbau speziell für die Herstellung von Kleinstwerkzeugen konstruiert hat. Sie sind kleiner und kompakter als die Modelle, auf denen Gühring seine normalgroßen Werkzeuge herstellt. Das sorgt für eine höhere Stabilität der Maschinen – eine Grundvoraussetzung für eine mikrometergenau Produktion. Besonders groß ist der Unterschied bei den Schleifscheiben, mit denen die Geometrien in die Rohlinge eingebracht werden: „Da wir in Treuen IV sehr viel kleinere und filigranere Werkzeuge schleifen, ist bei uns auch die Körnung wesentlich feiner“, erklärt Düwel.

Die Maschine schleift alle Geometrien wie Nut, Spitze, Ausspitzung und Hinterschliff in den Rohling. Dann greift sich der Bestückungsroboter den nächsten Rohling. Der Automationsgrad in Treuen IV ist überdurchschnittlich hoch.

Auch das hängt mit der Zerbrechlichkeit der Mikrowerkzeuge zusammen: „Sobald ein Mitarbeiter einen falschen Handgriff macht oder auch nur mit dem Finger dagegen stößt, ist die Spitze weggebrochen“, so Düwel. Doch ganz ohne Menschen geht es nicht: Während des gesamten Produktionsprozesses finden Qualitätskontrollen durch speziell geschulte Mitarbeiter statt. Mit hochvergrößernden Mikroskopen schauen sie sich die Geometrien der Werkzeugspitzen an, die mit bloßem Auge gar nicht sichtbar sind.

Ein Mitarbeiter überprüft die Qualität der Mikrowerkzeuge.

Beschichtung für optimale Oberflächen

Besteht das Werkzeug den Qualitätscheck, wird es in den separaten Beschichtungsraum von Treuen IV gebracht. Die Beschichtung erfüllt mehrere Aufgaben: Sie reduziert die Reibung zwischen Werkzeug und Span und garantiert einen bestmöglichen Abtransport der Späne. Außerdem erhöht das Schichtsystem die Härte und Zähigkeit des Werkzeugs und schützt die Kanten vor Abrieb, was die Einsatzdauer der Werkzeuge verlängert.

Zur Fortbewegung in der Halle dienen elektronische Wägen.

Gühring hat spezielle Schichten entwickelt, die dank ihrer Eigenschaften besonders für die Mikrozerspanung geeignet sind. Zur Auftragung wird in Treuen IV eine moderne Beschichtungstechnologie angewandt.

Im Anschluss werden die Werkzeuge sorgfältig verpackt und versandfertig gemacht. Damit es keine Brüche auf dem Transportweg gibt, wird der Großteil der Werkzeuge einzeln in extra für Mikrowerkzeuge entwickelten Schutzverpackungen verschickt. So gelangen sie sicher zu unseren Kunden, die damit größte Leistungen im kleinsten Bereich erbringen.

Das Mikrowerkzeug-Programm von Gühring umfasst über 75 Sorten in mehr als 2.400 Abmessungen.

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